Zwei Welten, ein Werk

Und Marx stand still in Darwins Garten, Ilona Jerger

Wie wird ein Buch zu einem Lieblingsbuch? Genau, es bleibt einem in Erinnerung: eine besondere Stelle im Buch, eine außergewöhnliche Situationsbeschreibung, ein nachhallendes Gefühl. Diese Art von Bücher begleiten einen über einen längeren Lebensabschnitt oder manche sogar dauerhaft. Der Debütroman von Ilona Jerger gehört für mich in die Kategorie „Lieblingsbücher“ und begleitet mich seit jeher. Dieser außergewöhnliche Roman von 284 Seiten besticht durch eine kluge Zusammensetzung zweier verschiedener Welten zu einem Werk und zwar in einfacher Sprache. Die Autorin führt einen zurück zu Marx und Darwins Lebenszeiten. Dabei verknüpft sie die unterschiedlich verlaufenden Lebensfäden beider geschickt zueinander.

Wer hat schon Lust das Hauptwerk von Karl Marx „Das Kapital“ oder Darwins berühmtes Werk „Über die Entstehung der Arten“ zu lesen? Wie viele Sachbücher müsste man lesen, um die Kernthesen des Philosophen und Naturforschers nachhaltig kennenzulernen? Welche umfangreiche Bibliotheksrecherche wäre erforderlich, dessen dahinter stehende Lebensweisen und Persönlichkeiten herauszufiltern? Es bedarf dafür genau eines Buches, nämlich der Lektüre von Ilona Jerger.

Zu Beginn wird die Spannung dadurch aufgebaut, dass sich der Leser fragt, wie sollen diese beiden Gestalten, die unterschiedlicher nicht sein können, aufeinander treffen. Der Leser wird von Beginn an in den Bann genommen und entlassen wird er erst mit dem letzten Satz. Überraschend ist, ohne zu viel zu verraten, dass es mir gar nicht mehr wichtig war, ob oder wann bzw. wie sich die beiden Denker begegnen. Ich wurde in beide Welten mitgenommen und tauchte ab in die Zeit des 19. Jahrhunderts. Viel interessanter waren die Geschichten hinter den berühmten Hauptwerken und das Herausstellen der Persönlichkeiten. Durch bestechende Details -egal, ob fiktiv oder nicht- wurden Marx und Darwin wiederbelebt. Detailliertheit in der Sprache, in der Gangart oder im Umgang der Denker mit anderen belebten die Schilderungen. Ich lernte ganz nebenbei nicht nur beide Denk- und Gefühlswelten kennen, sondern auch von einander abzugrenzen.

Die Autorin glänzt durch ihre stichhaltigen Recherchen. Was Fakten und Fikitionen sind gibt sie im Anhang auf nur wenigen Seiten wieder, was für ihre Genauigkeit spricht.

Lasst die Sachbücher beiseite, lest zumindest zur Einführung „Und Marx stand still in Darwins Garten“. Bei meiner nächsten Gartenarbeit werde ich mich mehr mit der Kultivierung der Pflanze auseinandersetzen, mehr auf Details schauen so wie es vielleicht Darwin hingebungsvoll getan hätte. Beim Ziehen von Setzlingen werde ich dann versuchen den Bogen zu möglichen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit zu schlagen.

Unbedingt lesen, eure Cosy Cat!